Die Auftragsbücher sind gut gefüllt, doch die Erbringung der fristgerechten Leistung scheitert an fehlendem Baumaterial. Und wenn das Material zu beschaffen ist, drohen enorme Preissteigerungen die Gewinne aufzufressen. Wer dachte, alles wird wieder normal, hat sich verkalkuliert, denn von Normalität ist noch lange nichts zu sehen. Denn die letztjährigen Lockdown-Nachwirkungen der Pandemie machen sich mit großen Schritten bemerkbar.
Neuaufträge bleiben wegen gestiegener Preise großflächig aus. Bereits beauftragte Baustellen liegen brach, oder gehen nur noch schleppend voran. Eine gefährliche Situation für Handwerksbetriebe und deren Mitarbeiter.
Was tun beim Abschluss von neuen Bauverträgen?
Wer die Möglichkeit bekommt einen neuen Bauauftrag zu bekommen, sollte mit einer auf die momentane Situation angepassten Vorsicht vorgehen.
Bei Verträgen mit privaten Kunden kann es helfen das betreffende Angebot mit einer entsprechenden Bindungsfrist zu belegen. Da dann die genannten Verkaufspriese nur bis zur angegebenen Frist gültig sind, kann der Handwerker kurzfristiger kalkulieren. Zudem sollten Fristen für die Fertigstellung nicht Termin genau festgelegt werden. Eine gewisse Karenzzeit, falls Baumaterial wegen Verknappung nicht beschafft werden kann, hilft dann sich vor Vertragsstrafen zu schützen.
Generell sollte der Vertrag aber eine Klausel bzgl. Preissteigerungen berücksichtigen. Eine einfache Angabe in den Geschäftsbedingungen reicht hier nicht. Diese Vereinbarung muss schriftlich im Vertrag geregelt werden, damit sie am Ende rechtswirksam ist. Bei öffentlichen Auftraggebern ist eine Preissteigerungsklausel oft bereits von Kundenseite gegeben.
Bestehende Verträge werden zum Problem für Handwerker
Baumaterial wird immer knapper und durch die Lieferengpässe schießen die Preise in die Höhe. Das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) spricht von der größten Verknappung seit dem Jahr 1991. Viele Handwerksbetriebe stürzt diese Krise in ungeahnte Schwierigkeiten. Getätigte Angebotskalkulationen drohen aufgrund der Preissteigerungen zu Verlustgeschäften zu werden. Die Materialengpässe führen dazu, dass Aufträge nicht rechtzeitig abgewickelt werden können. Als Folge bleiben die Zahlungen aus und es entstehen Liquiditätslücken. Im schlimmsten Fall kommt es zu Vertragsstrafen wegen Nichteinhaltung der vereinbarten Fristen.
Laut Gesetz trägt das ausführende Unternehmen das Risiko, wenn vertraglich vereinbarte Fristen und Preise nicht eingehalten werden. Grundsätzlich sollte der ausführende Betrieb mit seinem Auftraggeber über die Preissteigerungen sowie die Knappheit von Rohstoff- und Baumaterial austauschen, um eine einvernehmliche Lösung zu finden. Gelingt dies nicht kann sich der Handwerker auch auf das Gesetz „Störung der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 BGB) berufen. Es gibt ihm eine Möglichkeit aus seiner misslichen Lage zu entkommen.
Haben sich Umstände aus der Vertragsgrundlage schwerwiegend verändert und konnten diese nicht vorhergesehen werden, kann unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn ein Festhalten daran unzumutbar ist. Ist die Anpassung nicht möglich, oder ein Teil nicht zumutbar, kann der benachteiligte Vertragspartner vom Vertrag zurücktreten bzw. diesen kündigen. Für diesen Fall besteht jedoch eine Nachweispflicht, die in der Regel schwer zu belegen ist. In jedem Fall bietet sich dieser Paragraf an, um sich vor evtl. Vertragsstrafen wegen verstrichener Fristen und Nichterfüllung abzusichern.
Privaten Auftraggebern bleibt die Entscheidung Vertragsstrafen zu verlangen offen, daher sollte rechtzeitig das Gespräch gesucht werden, um die Hintergründe zu erläutern. Bei öffentlichen Auftraggeber bleibt abzuwarten, wie sie auf die momentane Problematik reagieren werden. Man darf gespannt sein, ob der Staat seiner Vorbildfunktion nachkommt und auf Vertragsstrafen verzichtet, die aus der momentanen Lage resultieren.